Uerdinger Garde auf Zeit: Die Dichelbohrer aus Schlechtnau!
Wer sich unseren Sessionsorden einmal genauer anschaut, der stellt fest, dass oben ein kleines Männlein etwas finster hereinblickt, mit einer komischen Nase durch die Welt wandelt und als Mund eine Rinne hat: das ist der Dichelbohrer aus dem Schwarzwald - einer echten Fastnachtszunft aus Schlechtnau! Aber was bitteschön ist der Dichelbohrer und wieso ist er auf dem Orden des Uerdinger Prinzenpaares?
Das erklären wir natürlich gerne:
Zu der Zeit, als es im Schwarzwald noch keine zentrale Wasserversorgung griffen die Schwarzwälder auf den Grundstoff zurück, der ihnen in Hülle und Fülle zur Verfügung stand und ihnen in so vielen Dingen gute Dienste erwies: das Holz.Gerade und gleichmäßig gewachsene Baumstämme wurden mit Hilfe eines langen Bohrers der Länge nach ausgehöhlt und dienten so als hölzerne Wasserleitungen. Die Herstellung dieser Röhren wurde von einem Handwerker besorgt, der denselben Namen trug wie das Werkzeug, dessen er sich hauptsächlich bediente: dem Dichelbohrer. Außer Wasserleitungen fertigte er auch Kolben, Klappen und Ventile für hölzerne Pumpen an, ebenso hölzerne Dachrinnen für die Schwarzwaldhäuser. Zu seinen weiteren Aufgaben gehörte die Reinigung und Instandhaltung sowie das Auftauen der Brunnen zur Winterszeit. Man kann sagen: die Dichelbohrer waren die Klemptner von einst. Ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet fanden die Dichelbohrer im Bergbau, der ja auch im oberen Wiesental große Bedeutung hatte. Zur Entwässerung der Stollen, für die Zu- und Ableitung des Wassers in den Poch- und Schmelzwerken wurde immer eine große Menge hölzerner Röhren und Rinnen benötigt. Heute ist der Beruf des Dichelbohrers aber ausgestorben.

Dafür hat sich die Fasnetsgesellschaft Schlechtnau 1980 entschlossen, dieses im Schwarzwald einst so wichtige Handwerk durch die Gründung einer Zunft zumindest an Fasnet weiterleben zu lassen. Das Häs (wir würden sagen "Kostümierung") der Dichelbohrer besteht aus einer holzgeschnitzten Maske mit einer bohrerähnlichen Nase und einer hölzernen Rinne als Mund. Der hinten und vorne spitz zulaufende Kragen mit Kapuze ist rot, sein Saum ist mit vielen dünnen Holzröhren verziert. Der Dichelbohrer trägt einen blauen Kittel, darunter graue "Knickerbockers", rote Wollsocken, schwere "Haferlschuhe" sowie rote Handschuhe. Zur Lärmerzeugung dient ein brauner lederner Schellengurt um den Bauch, in der Hand hält dieser Narr einen aus Holz nachgeformten Dichlbohrer. Die Dichlbohrer sind ein Teil des Zinkens bzw. der Fasnetsgesellschaft Schlechtnau, die sich nicht nur alljählich mit einem originellen Wagen am Todtnauer Umzug beteiligt, sondern auch eigene Fasnetsveranstaltungen organisiert.
Aber was haben die Dichelbohrer mit Uerdingen zu tun?
Vor über 100 Jahren adoptierten die Urgroßeltern von Prinzessin Nicole I. ein kleines Mädchen aus dem Uerdinger Waisenhaus: Sie wurde so die Schwester von Nicoles Großvater, Fritz Obrist, und hieß Rosa. Rosa verliebte sich seinerzeit in Johann, einen Bauernsohn aus Schlechtnau im Schwarzwald, heiratete ihn und lebte fortan in Schlechtnau in einem echten Schwarzwaldhaus. Und so kam es, dass Nicole´s Familie immer wieder in den Schwarzwald fuhr, um Rosa zu besuchen und dort, diesem wunderschönen Fleckchen Erde, Urlaub zu machen. Heute lebt Nicoles Großtante Rosa nicht mehr und auch der Opa ist schon vor langer Zeit gestorben, aber auch Dirk verliebte sich in den schönen Schwarzwald verliebte und so fährt man auch heute noch mit Kind und Kegel jedes Jahr nach Schlechtnau.
Oft wählen die Prinzenpaare für den Orden auch etwas Persönliches, für das sie stehen. Der Dichelbohrer vereint für Nicole und Dirk viele Dinge: Die Familie, die Liebe zum Schwarzwald und zum Reisen, das Handwerk (Dirk ist Elektriker) und den Bergbau (Nicole ist Vorsitzender Uerdinger Ortsgruppe der IG Bergbau, Chemie, Energie. Zudem ist die Häs des Dichelbohrer blau-rot, genau wie die Uerdinger Farben. Deswegen ist der Dichelbohrer Teil des Sessionsordens.
Garde für ein Wochenende!
Für ein Wochenende, 29. - 31. Januar 2016, kommen 16 Dichelbohrer aus Schlechtnau, um den Uerdinger Karneval zu erleben und für das Prinzenpaar sozusagen "Garde auf Zeit" zu werden. Wir hoffen, dass sich damit der Karneval und die Fastnacht etwas näher kommen, denn wie heißt es so schön in unserem Sessionslied: "Wir sind doch alle Narren: Alle anders - alle gleich!"
